Die Watzmann Überschreitung mal anders

Datum:

10. – 12.09.2020

Autor:
Inge Hrabak


Tour-Nr.:
2020-T-30

Die Watzmann-Überschreitung mal anders ODER Watzmann-5Gipfel-Tour

Eine der wohl schönsten Touren in den Ostalpen: die Watzmann-Überschreitung im Nationalpark Berchtesgaden. Die Bergtour mit den drei zu bewältigenden Watzmann-Gipfeln Hocheck, Mittelspitze und Südspitze gilt als die Königstour in den Berchtesgadener Alpen.

Eigentlich war die klassische Rundtour geplant: Start an der Wimbachbrücke, Übernachtung am Watzmannhaus, Aufstieg zum Hocheck, Gratüberschreitung über die Mittelspitze bis zur Südspitze, Abstieg ins Wimbachtal, Übernachtung auf der Wimbachgrieshütte, Abstieg zur Wimbachbrücke – allerdings nicht für die „Ansbacher-Alpen-Gang“. Nachdem unser Tourenleiter Ron bei dem Versuch gescheitert war, die zweite Nacht auf der Wimbachgrieshütte zu reservieren, musste umgeplant werden. So gingen wir nicht die klassische Rundtour, sondern meisterten zuerst die Überschreitung der drei Gipfel und kletterten anschließend den Hinweg wieder zurück und verbrachten auch unsere zweite Nacht auf dem Watzmannhaus.

Nicht auf der Flucht

Ganz gemütlich trafen wir uns zu acht am Donnerstagmorgen um 9 Uhr am DAV-Sektionshaus in Ansbach. Nach kurzer Vorstellung aller Teilnehmer (Heidi, Simone, Inge, Ron, Herrmann, Helmut, Friedrich und Axel) und dem Check des DAV-Busses, ging es voll bepackt und mit guter Laune in Richtung Berchtesgadener Alpen. Nach ca. viereinhalb Stunden kamen wir dann auch schon am Parkplatz und Startpunkt an der Wimbachbrücke in Ramsau an.

Nun blieb für jeden nochmal genügend Zeit sich umzuziehen, eine kleine Stärkung zu sich zu nehmen und einen letzten Check der gepackten Rucksäcke zu machen.

Gegen 14:30 Uhr starteten wir dann die Wanderung auf einer Höhe von 635m    zum Watzmannhaus auf 1.930m. Erstes Ziel für einen Nachmittagskaffee war die Stubenalm auf 1.145m. Diese hatten wir bereits nach einer Stunde erreicht und stärkten uns mit Kaffee und Kuchen, bevor es die nächsten 785hm hinauf zum Watzmannhaus ging. Nach weiteren 3 Stunden, um Punkt 18 Uhr, hatten wir unser Ziel erreicht. Nun hieß es „einchecken“.

Ron´s Zitat für den heutigen Tag: „Glück hat auf die Dauer nur der Tüchtige.“ (Helmuth Graf von Moltke)

Neue Regeln auf den Hütten wegen Corona

Nach kurzer Einführung eines Mitarbeiters wurden wir in unser 8-Plätze-Lager gebracht. Wir bekamen 5 fünf Minuten Zeit, um das vorgeschriebene Bettlaken und den Schlafsack auf der jeweiligen Matratze auszubereiten. Okay, Bettlaken-Kontrolle? Dass nur ein Hüttenschlafsack in der heutigen Zeit nicht ausreichend ist, habe ich mitbekommen und das mit dem Bettlaken hatte ich auch gelesen, aber dass das kontrolliert wird?! Schlafsack hatte jeder von uns dabei. Bettlaken hatte nicht jeder… Und jetzt? Also gut, ein Versuch war es wert: Und so waren ein Biwacksack sowie eine Rettungsdecke, welche jeweils über zwei Matratzen gelegt wurden, für den Mitarbeiter ausreichend. Nur das Bettlaken, welches über zwei Betten nur auf Kopfhöhe gespannt war, gefiel ihm nicht. Deshalb durfte hier für die Reinigung eine Gebühr von 5€ bezahlt werden.

Den Abend ausklingen lassen

Nachdem wir nun auch die neuen Hüttenregeln kennenlernen durften, vollzog jeder noch eine kurze Katzenwäsche, um frisch für das gemeinsame Abendessen zu sein.

Da wir morgen einen langen Tag vor uns hatten, war um 21:45 Uhr auch schon die Nachtruhe angesagt. (auch wenn nicht für alle ganz freiwillig 😊).

Watzmann-Überschreitung

Um 5:40 Uhr war die Nachtruhe dann vorbei. Vorteil für heute: Da wir auch die zweite Nacht auf dem Watzmannhaus verbrachten, brauchte der Rucksack auch nur mit dem Nötigsten gepackt werden. Und so blieben Schlafsack, Waschzeug und Wechselklamotten in unserem Lager.

Gut gefrühstückt, ging es dann um 7:10 Uhr vom Watzmannhaus zum Hocheck auf 2.651m.

Der markierte Weg führte uns durch einige weitläufige Serpentinen, später auf direktem und teils über blanken, aber griffigen Fels. Es konnte lange auf das Watzmannhaus heruntergeschaut werden und vor uns hatten wir immer wieder einen guten Blick auf den kleinen Watzmann.

Am Hocheck angekommen, gönnten wir uns erst einmal unser zweites Frühstück mit Lebkuchen, Schokoreiswaffel, Bratwurst und als Schmankerl noch einem Schinken, mit Ahornsirup verfeinert.

Anschließend hieß es: Kletterausrüstung anziehen. Denn ab dem Hocheck beginnt die Überschreitung des Watzmann-Grates. Schlagartig befindet man sich in ausgesetztem Klettergelände. Mithilfe einiger Sicherungen (welche wir manchmal benutzt haben, manchmal aber auch nicht), geht es meist rechts der Gratlinie über Steilstufen, Bänder und glatte Felsrampen hinüber zur Mittelspitze.

Ron´s Plan war eindeutig: Er wollte um spätestens 16 Uhr wieder zurück am Hocheck sein. Dies bedeutete eine Wanderzeit von 6 Stunden auf dem Grat, weshalb wir beschlossen, dass wir nach ca. 3 Stunden, somit um 13 Uhr, umkehren sollten.

Auf dem Weg zur Mittelspitze zeigte sich uns ein gigantisches Panorama. Auch wenn sich zu unserer linken Seite der Königssee in einer dicken Wolkendecke versteckt hatte, konnten wir zu unserer rechten Seite hinunter ins Wimbachtal sehen.

Auf der Mittelspitze (2.713m) angekommen, kümmerten wir uns natürlich zuerst um unser zweites Gipfelfoto. Nach einer kurzen Rast ging es – etwas schwieriger als bis zur Mittelspitze – weiter zur Watzmann-Südspitze (2.712m). Auch hier folgten wir den Markierungen und hatten auf dem langen Grat hinüber zur Südspitze zahlreiche Kletterstellen bis zum II. Grad zu meistern. Vielfach unterstützen Tritthilfen und Drahtseile das Vorankommen, doch handelt es sich bei dem Gratübergang nicht um einen durchgängig versicherten Klettersteig, sondern um eine hochalpine, ausgesetzte Bergtour.

Als es kurz vor 13 Uhr war, war unser Ziel „nur“ in Sicht. Doch kurz vor dem Ziel umdrehen wollten wir auch nicht und so hat sich die Mehrheit dazu entschlossen, den Grat noch weiter bis zum Gipfel zu laufen.

Geschafft! Gegen 13:20 Uhr waren wir auf der Südspitze angekommen. Ein gigantisches Gefühl! Die Wanderer, welche uns hier trafen, beneideten uns nicht darum, dass wir nicht wie sie jetzt ins Wimbachtal abstiegen, sondern den gleichen Weg nochmal zurückgingen 😊. Und so machten wir uns nach einer kurzen Rast und unserem 3. Gipfelfoto auch schon wieder auf den Rückweg. Der Königssee, nun zu unserer Rechten, war nach wie vor hinter den Wolken versteckt und nun zog es auch zu unserer Linken immer weiter zu. Ausdauernd kletterten wir den langen Grat wieder zurück. Als wir die Mittelspitze wieder erreichten, fühlte es sich fast nur noch wie ein Katzensprung bis zum Hocheck an. Dort angekommen und somit am 5. Gipfel an diesem Tag, freute es uns sehr, dass es genau 16 Uhr war. Dadurch hatten wir die Zeitvorgabe von Ron wieder eingeholt. Den Rückweg vom Hocheck hatte jeder von uns wohl kürzer in Erinnerung. Nach weiteren zwei Stunden und einem ziemlich steilen Abstieg mit müden Beinen, waren wir dann endlich wieder am Watzmannhaus angekommen. Auch unseren zweiten Abend ließen wir entspannt mit Bergsteigeressen, Getränk und lustigen Gesprächen ausklingen.

Ron´s Zitat des Abends:

„Was bringt den Doktor um sein Brot? (a) die Gesundheit und (b) der Tod. Drum hält der Arzt, auf dass er lebe, uns zwischen beidem in der Schwebe.“

Abreisetag

Nach einer weiteren Nacht im Bettenlager, frühstückten wir am nächsten Tag nochmal gemütlich am Watzmannhaus und traten dann gegen 8:15 Uhr den Abstieg an. Auch für heute hatte Ron ein Zitat für uns:

„Der Mensch lebt durch den Kopf. Sein Kopf reicht ihm nicht aus. Versuch es nur, von deinem Kopf lebt höchstens eine Laus. Denn für dieses Leben ist der Mensch nicht schlau genug.
Niemals merkt er eben diesen Lug und Trug. Ja, mach nur einen Plan! Sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch `nen zweiten Plan, geh`n tun sie beide nicht.“ Von Bertolt Brecht.

Nachdem wir an dem Versuch gescheitert waren, einen etwas anderen Abstieg zu gehen, als wir aufgestiegen sind, mussten wir alle über das Zitat von Ron schmunzeln, da es auf den heutigen Tag sehr gut passte.

Trotz aller Umwege waren wir dann gegen 11:30 Uhr am DAV-Bus angekommen. Ein paar von uns gönnten sich noch eine Abkühlung in der Ramsauer Ache am Parkplatz Wimbachbrücke. Zum Abschluss kehrten wir noch im Gasthaus Seeklause am Hintersee zum Mittagessen ein, bevor wir die 4 1/2 Stunden Heimreise antraten. Gegen 21 Uhr kamen wir dann alle sehr glücklich in Ansbach an.

Vielen Dank nochmal an alle Teilnehmer für dieses schöne und aktive Wochenende. Meinem Mann und mir hat es sehr viel Spaß gemacht und wir werden sicherlich bald wieder eine Tour mit dem DAV unternehmen.